Rückblick: Praxiskolleg “Shabbat in der Synagoge – Shabbat zu Hause” (24.–27.06.2021, Lychen)
Um den wöchentlichen jüdischen Feiertag „Shabbat“ vorzubereiten und zu feiern, traf sich eine Gruppe von ELES-Stipendiat*innen in der Uckermark. Hierfür hatte sich Kollegleiterin Dr. Lina-Mareike Dedert mit den begleitenden Rabbinern Maximilian Feldhake und Shaul Friberg ein umfassendes Programm überlegt. Die Besonderheit an der Zusammenarbeit der beiden Rabbiner lag darin, dass Rabbiner Feldhake der liberalen Strömung des Judentums angehört, während Rabbiner Friberg das orthodoxe Judentum vertritt. Und so bot diese Kooperation auch das Potential für einen vergleichenden Ansatz zwischen beiden Strömungen, der sich auch in der Begehung des Shabbats zeigte.
Nach Kennenlernrunde und Abendessen tauchte die Gruppe tief in das Programm ein. Bereichernd für alle Teilnehmer*innen war, dass nicht nur die Rabbiner unterschiedlichen Strömungen angehören, sondern auch die Teilnehmer*innen ihr Judentum unterschiedlich praktizieren. Und so waren auch die angereisten Stipendiat*innen in ihrer Religiosität sehr heterogen, von religiös bis säkular.
Nach einer Einführung in den Shabbat und seine Ursprünge in der Torah beschäftigten sich die Stipendiat*innen mit der Kippa und dem religiösen Ursprung der Zizit, der Schaufäden. Diese wurden unter Anleitung von Rabbiner Friberg an umgedrehten Tischen gebastelt. In Hebräischen werden den Buchstaben Zahlenwerte zugeordnet. Das Wort Zizit (ציצית) hat einen numerischen Wert von 600. Zusammen mit den Zizit, die aus acht Fäden und fünf Knoten bestehen, ergibt sich der Zahlwert 613. Dieser symbolisiert für gläubige Jüdinnen*Juden die 613 Ge- und Verbote, die es im Leben zu befolgen gilt. Auch die Art und Weise, wie die Schaufäden geknüpft werden, soll eine gedankliche Erinnerung darstellen, wie Rabbiner Friberg erläuterte: Die fünf Knoten, addiert zu den erst sieben, dann acht, dann elf und dann 13 Umwicklungen ergeben einen Zahlwert von 39. Auch die 39 ist für Jüdinnen*Juden eine besondere Zahl: Sie soll an die 39 Tätigkeiten erinnern, die ihnen am Shabbat verboten sind, um den Tag zu einem echten Ruhetag zu machen.
Der praktische Ansatz des Kollegs zeigte sich darüber hinaus auch im Challebacken und Kerzenbasteln für die Havdalah, dem religiösen Ritual zur Einleitung der neuen Woche am Samstagabend. Nachdem die Vorbereitungen zum Shabbat abgeschlossen waren, konnte die Gruppe gemeinsam mit dem Kerzenzünden den Shabbat empfangen und Kabbalat Shabbat, das Freitagabendgebet, beten. Am Shabbat selbst standen neben Shaharit (dem Morgengebet) auch Einführungen zu dem Gebetsablauf, Liturgien und dem jüdischen Kalender auf dem Programm. Aufgrund der unterschiedlichen Hintergründe der Stipendiat*innen entwickelten sich lebhafte Diskussionen, die insbesondere die unterschiedlichen Interpretationen zwischen Orthodoxie und Reformjudentum widerspiegelten. Als verbindend wurde das gemeinsame Singen von Niggunim empfunden.
Trotz des intensiven Programms blieb auch Platz für Pausen, die besonders am Shabbat auf den Liegestühlen mit herrlichem Seeblick als Oase der Ruhe betrachtet wurden und Ausflucht vom universitären Alltag boten. Krönender Abschluss war das gemeinsame Beginnen der neuen Woche mit der feierlichen Havdalah am Seeufer. Zusammenfassend war das Praxiskolleg auf vielen Ebenen eine große Bereicherung und viele der Teilnehmer*innen wünschen eine zeitnahe Fortsetzung!