Portrait ELES-Auslandsförderung: Jonathan Hempel

In dieser Reihe werden Stipendiat_innen vorgestellt, die mit der Unterstützung von ELES im Ausland arbeiten und  forschen. Jonathan Hempel ist derzeit in Israel.

  • Sie sind für einige Monate in Israel. Wo genau sind Sie und was machen Sie dort?

Ich bin für fünf Monate hier, wohne in Tel Aviv und mache gleich zwei Praktika. Ich studiere im Master Soziokulturelle Studien und sehe mein Studium als Schnittstelle zwischen Politik- und Kulturwissenschaft. Genau diese Kombination spiegeln auch meine beiden Praktika. Mein erstes Praktikum ist im israelischen Parlament in Jerusalem. Ich arbeite dort als parlamentarischer Assistent des Knesset-Abgeordneten Dr. Dov Khenin von der Hadash Partei (Democratic Front for Peace and Equality), die Teil der arabischen Joint List Fraktion ist. Mein zweites Praktikum mache ich als Journalist und Filmemacher bei der NGO „Israel Social TV“ in Tel Aviv. Dort produziere ich politische und soziale Dokumentarfilme und -reportagen. Bei Social TV bin ich u. a. als Rechercheur, Kameramann und Reporter tätig. Mein eigenes großes Projekt ist eine Video-Reportage über Männlichkeit und Militarismus in Israel, die im März 2019 veröffentlicht wird. Die beiden Praktika – die politische Stelle im Parlament und das sozial-politische Praktika, das auch kulturelle Perspektiven hat und Kreativität ermöglicht – ergänzen sich.

  • Warum haben Sie sich für Israel und für diese beiden Praktika entschieden?

Ich interessiere mich sowohl politisch als auch persönlich sehr für Israel. Ich habe 17 Jahre lang hier gelebt, spreche die Sprache und beschäftige mich intensiv mit der Politik und Gesellschaft des Landes. Auch im Rahmen meines Studiums forsche ich viel zu Themen, die mit Israel und Palästina zu tun haben. Ich interessiere mich einerseits für die „offizielle“ parlamentarische Politik und anderseits für die eher aktivistische, kulturelle und nicht-offizielle Politik, für die zum Beispiel Social TV steht. Während meines jetzigen Aufenthaltes in Israel vertiefe ich meine Kenntnisse dieser beiden Seiten, eine spannende, lehrreiche Kombination, die mich gut für meine Zukunft vorbereitet.

  • Welches Erlebnis war bisher besonders für Sie?

Ganz besonders und sehr intensiv war ein Tag im Rahmen meiner Recherche zu meinem eigenen Filmprojekt. Ich habe bei ELES durch verschiedene interreligiöse und kulturelle Programme wie z.B. den Dialogperspektiven. Religionen und Weltanschauungen im Gespräch viel Erfahrung gesammelt, gerade im jüdisch-muslimischen Bereich. Von diesem Wissen und diesen Erfahrungen profitiere ich jetzt und ich kann sie hier erweitern. Als Teilnehmer der Dialogperspektiven habe ich mich mit verschiedenen Machtverhältnissen beschäftigt, z.B. mit Rassismus und Sexismus. Durch das DP-Programm und eigene, universitäre Forschungen habe ich mich deshalb entschieden, auch bei meinem Praktikum bei Social TV einen Focus auf Gender-Aspekte zu legen. Die Grundlagen, die wir bei Dialogperspektiven bekommen und erarbeitet haben, haben dabei natürlich sehr geholfen.

Mein Dokumentarprojekt untersucht Männlichkeit und Militarismus im heutigen Israel. Bei Social-TV habe ich im Rahmen des Projektes fünf Jugendliche bei einem Vorbereitungskurs für spezielle Kampfeinheiten in der israelischen Armee begleitet. Ich interviewte die Jugendlichen und filmte sie an diesem unglaublich intensiven Tag, der sie an ihre physischen und psychischen Grenzen brachte. Es war ein besonderes Erlebnis, eine große Herausforderung für mich als Reporter und Kameramann. Auch aus männlichkeitskritischer Perspektive war dieser Tag sehr spannend. Die Verbindung zwischen israelischem Nationalismus, Männlichkeit und Militär war so klar zu sehen. Und es war ein dramatischer Tag: ich dokumentierte Erfolgsmomente, Tränen, Verletzungen, gegenseitige Unterstützung und den intensiven Wettbewerb zwischen den Jungs. Die Jugendlichen waren sehr offen und ich konnte sie in ihren schwierigsten Momenten begleiten und diese dokumentieren.

Copyright Foto: Jonathan Hempel.

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