Nachruf Prof. Dr. Micha Brumlik (1947–2025)
Baruch Dayan Ha’emet.
ELES trauert um Prof. Dr. Micha Brumlik (1947–2025). Mit großer Dankbarkeit und tiefer Bestürzung nehmen wir Abschied von einem herausragenden Gelehrten, Denker und Freund. Micha Brumlik starb am 10. November 2025 nach schwerer Krankheit. Seine Persönlichkeit, seine Stimme und sein Wirken bleiben uns – den Mitarbeitenden, Stipendiat*innen und Ehemaligen des Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks – in dankbarer Erinnerung. Unsere Gedanken sind bei seiner Familie und seinen Angehörigen.
Micha Brumlik hat das Studienwerk mitbegründet, war von 2012 bis 2022 Vorsitzender des Beirats und blieb auch danach bei ELES aktiv. Er prägte das Studienwerk in besonderer Weise. Unter seinem Wirken konnte sich ELES zu einem Ort entwickeln, an dem sich jüdisches Denken, gesellschaftliche Verantwortung und demokratische Bildung auf besondere Weise verbinden konnten. Micha Brumlik nahm Anteil, stellte Fragen, widersprach, inspirierte – und blieb dabei immer gegenwärtig. Mit seiner geistigen Präsenz, seiner Klarheit und seinem Humor trug er entscheidend dazu bei, dass ELES zu einer Stimme jüdischer Selbstbehauptung und intellektuellen Engagements in der Öffentlichkeit wurde. Seine Haltung, Bildung als Verantwortung zu begreifen – gegenüber sich selbst, der Gemeinschaft und der Gesellschaft – prägt das Selbstverständnis des Studienwerks bis heute.
Micha Brumlik wurde am 4. November 1947 in Davos als Kind jüdischer Flüchtlinge geboren. Nach dem Studium der Philosophie und Pädagogik in Jerusalem und Frankfurt am Main lehrte er in Hamburg und Heidelberg, bevor er von 2000 bis zu seiner Emeritierung 2013 Professor für Theorien der Bildung und Erziehung an der Goethe-Universität Frankfurt war. Von 2000 bis 2005 leitete er das Fritz Bauer Institut, das sich der Erforschung des Holocaust und seiner Wirkungsgeschichte widmet. Sein Werk bündelte zentrale Beiträge zur Erziehungswissenschaft und Bildungstheorie, zur jüdischen Geschichte und Gegenwart sowie zur politischen Publizistik. Über Jahrzehnte gehörte Micha Brumlik zu den profiliertesten jüdischen Intellektuellen der Bundesrepublik. Er verband wissenschaftliche Präzision mit moralischer Klarheit und öffentlichem Engagement: Seine Stimme war unüberhörbar – in Feuilletons, Fachzeitschriften und im Rundfunk.
Unermüdlich warb Micha Brumlik für eine Bildung, die aus der Geschichte Verantwortung ableitet, und für ein jüdisches Denken, das sich als Teil der demokratischen Öffentlichkeit versteht. Zu seinen prägenden Werken zählen unter anderem Kein Weg als Deutscher und Jude (1996), Bildung und Glück (2002) und Vernunft und Offenbarung (2010). Für sein Lebenswerk und sein Engagement gegen Antisemitismus wurde er 2024 mit dem Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Micha Brumlik blieb eigenständig im Denken, offen im Gespräch, unbequem im besten Sinne. Für ihn war Widerspruch kein Gegensatz zur Loyalität, sondern Ausdruck ernsthafter Auseinandersetzung. Wir werden ihn als Lehrer, Denker und Freund in Erinnerung behalten. Sein Andenken ist uns Verpflichtung.

